Studienauftrag: | 2005 |
Veranstalterin: | Moser Bau Immobilien AG |
Verfasser: | Reinhard Briner Lorenz Frauchiger Martin Zulauf |
Die drei Ausschnitte aus der Siegfriedkarte illustrieren die geschichtliche Entwicklung des Planungsareals prägnant. Bis 1870 liegt der Weiler Hinterkappelen an der Landstrasse, die von der Neubrücke der Aare entlang und weiter nach Wohlen verläuft.
Die Karte von 1896 zeigt als markanteste Veränderung die 1871 erstellte Brücke bei der Stägmatte mit Anschluss an die alte Landstrasse. 1926 wird die markante Umgestaltung durch die Anlage des Wohlensees sichtbar. Die neue Kappelenbrücke zielt am noch kaum Hinterkappelen vorbei Richtung Wohlen und Aarberg. Der selbst erklärende Flurname Weinhalden fehlt infolge des Stassenbaus auf späteren Karten.
In der aktuellen Luftaufnahme sind die Spuren der historischen Entwicklung deutlich ablesbar : Ortskern, Standort alte Brücke, der künstliche See und die zugehörige Kappelenbrücke. Als neues Element findet sich seit 1960 das Restaurant am Brückenkopf und die auch aus der Luft dominante Satellitenstadt Chappelenring, die isoliert von Dorf und Stasse auf sich selbst bezogen bleibt. Auch die Strasse selbst bleibt in ihrem tiefen Einschnitt ohne Bezug zur Ortschaft. Auf diesem Abschnitt des
Ortseingangs besteht Aufwertungsbedarf und –potential.
Der Landgasthof spielte seine Rolle als Brückenkopf korrekt, bis mit der Überbauung Chappelenring ein vollständig anderer Massstab ins Landschaftsbild eingeführt wurde.
In der Fernsicht von Strasse und See wird der Gasthof dominiert von den Hochhäusern oder er verschwindet in der Baumkulisse. Davon unbeeinträchtigt bleibt als prägendes Standortmerkmal die einzigartige Aussichtslage des Planungsareals, seit längerem allerdings gekoppelt an wachsende Verkehrslärmimmissionen.
Aus der Ortbetrachtung leiten wir die folgenden planerischen Ziele und Verhaltensweisen ab:
- Aufwertung des Ortseingangs durch Transformation des Strassenraums – am Brückenkopf und weiter bis ins neue Zentrum.
- Stärkung des Brückenkopfs durch markante Bauvolumen in orthogonaler Ausrichtung auf Strasse und Brücke sowie die Auszeichnung der Hangkante.
- Reaktion auf die Chappelenring - Bebauung und die exponierte Lage durch klar definierte „klassisch moderne“ Baukörper.
- Übernahme und Aufwertung von Restaurantstandort und Aussichtterrasse als wichtigen Merkmalen des Ortes, seiner Geschichte und seiner Begegnungsfunktion im Dorf.
Alle Wohnungen sind in einem Süd- Südost orientierten Bauvolumen angeordnet. Ortsbaulich wird dadurch ein angemessen starker Akzent am Brückenkopf gesetzt.
Oekologisch resultieren ein idealer Formfaktor und gute Voraussetzungen für passive Sonnenenergienutzung. Oekonomisch gewährleistet die Lösung ein optimales Verhältnis von Erstellungskosten und Nutzungsqualität. Und für Anwohner und Gemeinde kann so ein attraktiver Freiraum in bester Lage geöffnet werden.
Im gegen die Freifläche erhöhten Erdgeschoss befinden sich neben den Eingängen disponible Flächen für Ergänzungsnutzungen wie Wellness, Kita, Gemeinschaftsräume oder Ateliers. Grosszügige und gut belichtete Erschliessungen verbinden alle Wohngeschosse direkt bis in die Einstellhalle und den Nebenräumen im 2. UG.
Vorgeschlagen wird eine dreibündige Typologie mit einer 2,3 und 4 Zimmerwohnung pro Geschoss. Am westlichen Gebäudekopf können 3 3 Zimmerwohnungen pro Etage eingerichtet werden. Falls generell kleinere Wohnungen gewünscht sind, können in dem Grossvolumen auch vier Erschliessungszonen organisiert werden.
Alle Wohnungen sind auf die spektakuläre Aussicht ausgerichtet. Durchlaufende Balkone dienen als Aussenraum, Fassaden- und Wärmeschutz im Sommer. In den grösseren Wohnungen sind Grundrissvarianten mit durchgehenden Wohnbereichen Nord – Süd orientiert auf die abendliche Besonnung möglich. Alle wohnungsinternen Wände sind zugunsten einer langfristigen Flexibilität nichtragend; demzufolge wären auch individuelle Grundrisslösungen bei Eigentumswohnungen denkbar.
Durch die Optimierung bezüglich Aussicht liegt ein Teil der Wohnungen im lärmbelasteten Bereich. Im Innern ist der Komfort durch die Minergiebelüftung gewärleistet. Die Balkonzonen werden mit ihren Trennwänden und soweit nötig mit verschiebbaren Glaselementen auf ca. halber Fassadenlänge abgeschirmt, die in Herbst und Frühling auch als Windschutz dienen.
Das Restaurant richtet sich auf die bestehende Aussichtsterrasse aus. Neu ist dahinter ein leicht erhöhter, überdeckter Sitzbereich vorgesehen, der auch als Wintergarten genutzt werden kann. Der Betrieb ist grundsätzlich erdgeschossig organisiert. Je nach Betriebskonzept könnte das Obergeschoss miteinbezogen werden, es ist jedoch auch als unabhängige Raumeinheit vermietbar für Büros, Praxen usw.
Der Aussenraum über der Einstellhalle im Nordwesten ist primär der Wohnnutzung zugeordnet. Falls Familienwohnungen erstellt werden ist hier der Spielbereich nach Art 46. BauV ausgewiesen. Der neue West – Ost Verbindungsweg bindet auch die Fussgängerpasserelle ans Strassenniveau an.
Im Zentrum des Projektes liegt ein neu geschaffener öffentlicher Freiraum, direkt verbunden mit der Restaurant Terrasse und mit der Bebauung am Chappelenring.
Die leicht geneigte und zur Hälfte mit niedrigen Bäumen beschattete Freifläche könnte zum sommerlichen Treffpunkt werden, zum Spielen, verweilen und die Aussicht geniessen. Welche Einrichtungen dafür wünschbar sind, sollte mit der Gemeinde definiert werden, denn durch die öffentliche Gestaltung der Anlage kannder durch die Planung erreichte Mehrwert direkt allen Hinterkappelern zugute kommen.
Zugunsten des Aussenraumes werden alle PW Abstellplätze in eine Einstellhalle verlegt. Sie ist auf ihrem mittleren Niveau ebenerdig an die Freifläche angeschlossen.
Hier liegen dementsprechend die Parkplätze für das Restaurant. Die Wohnungsparkplätze sind in abgetrennten Bereichen vorgesehen, auf dem Einfahrtsniveau liegen die disponibel zuteilbaren Abstellplätze. Die insgesamt 127 Plätze liegen unter den Programmforderungen. Eine Erweiterung der Einstellhalle nach Westen um 18 weitere Plätze aufgezeigt, die Nachfrage dafür erscheint jedoch fraglich.
Die Konzentration in ein Grossvolumen ermöglicht es, eine relativ hohe Bebauungsdichte ( AZ 1.2 ) mit einer grosszügigen Freiraumgestaltung zu verbinden. Dass hier der Aussenraum allgemein zugänglich und dienlich ist, legitimiert diese primär ortsbaulich motivierte Wahl zusätzlich.
Durch Ergänzungsbauten mit direktem Bezug zum Strassenraum könnte auch der Abschnitt zwischen Brücke und Kreisel wirksam verbessert werden. Anders als die heutige „Hohle Gasse“ signalisieren diese Bauvolumen Präsenz und führen die Aufwertung beim Brückenkopf logisch weiter bis ins neue Zentrum. Sie können baulich verbunden werden mit den bestehenden Einstellhallen.