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Greyerzstrasse 70b, Bern

Baujahr: 1965

Denkmalpflege:

-
Planung: 2021 / 22
Ausführung: 2022 / 23
Auftrag Direktauftrag
Bauherrschaft: SGF Bern
Architektur / Bauleitung: Reinhard Briner
Stefan Gysel
Fotografie: Roland Juker

 

Ausgangslage

Gesäumt von mächtigen Laubbäumen verbindet die Breitenrainstrasse den gleichnamigen Quartierplatz mit dem Lorrainequartier im Norden von Bern. Auf halbem Weg, eingebettet in einen kleinen Park mit dichtem Baumbestand, liegt die beschauliche Johanneskirche. Der historistische Bau aus dem ausgehenden 19 Jahrhundert bildet den Auftakt zu einem Gebäudeensemble, welches durch ein modernistisches Gemeindehaus um 1940 und ein winkelförmiges Altersheim aus den frühen sechziger Jahren gebildet wurde. 2008 wurden Teile des Altersheims durch einen Neubau ersetzt. Übrig blieb, nun als Solitär im Park, der ehemalige Trakt 4 des Winkelbaus.

Projekt

Ursprünglich beherbergte der zweigeschossige Schottenbau sechs enge Kleinwohnungen wie sie für Altersheime aus dieser Zeit typisch sind. 2018 beauftragte die Eigentümerin, der Schweizerische Gemeinnützige Frauenverein kurz SGF, die Werkgruppe AGW mit der Aufgabe durch Variantenstudien eine geeignete Nutzung für das Gebäude zu finden. Anhand einer Orts- und Bedarfsanalyse wurde der Umbau zur Kita und die Transformation zu vier 2 Zimmer Wohnungen geprüft. Man entschied sich für letzteres und beschloss das Gebäude in seiner Grundstruktur zu erhalten. Durch eine Anpassung des Verlaufs des Dämmperimeters wurde das an der Ostfassade liegende Treppenhaus zur unbeheizten Erschliessung und gehört neu zur aussenliegenden Geschossfläche. Dies eröffnete den Spielraum an der Westfassade, zum kleinen Park mit dem beachtlichen Baumbestand hin, dem Volumen wichtige Quadratmeter an beheizter Geschossfläche hinzuzufügen.

Ausführung

Die ursprünglichen Balkone, brutalistisch anmutende Sichtbetonbrüstungen mit Pflanzentrögen, wurden abgetrennt und das Volumen durch einen Kragplattenanschluss ergänzt, der die Kältebrücken von einst mit einer thermischen Trennung zwischen Wohnraum und Balkon ersetzt. Dieser Schritt ermöglichte einen grosszügigen Wohn- und Essbereich mit angrenzender Küche, der durch die raumhohe Fensterfront visuell vom Balkon und dem Ausblick in die Bäume ergänzt wird und so zum Jahreszeiten-Zimmer wird. Nebst einer umfassenden Sanierung der Gebäudehülle inklusive Dach und Kellerdecke sowie Aussendämmung an den Fassaden, die mit einer stehenden Holzschalung verkleidet ist, wurde mittig in das Volumen in Holzbauweise eine neue Wohnungstrennwand eingezogen, die bei einem künftigen Umbau ohne statische Konsequenzen rückgebaut werden kann. Beidseitig entlang dieser Trennwand liegen die Entrées, die neuen Bäder und die Küchen. Letztere teilen sich pro Wohnung effizient einen Leitungsschacht und sind über eine Festverglasung unterhalb der Decke verbunden, um dem Bad trotz zentraler Lage im Gebäude den Zugang zu Tageslicht zu ermöglichen. Die Zimmer sind entlang den bestehenden Schotten mit raumhohen Türen erschlossen, um bei geöffnetem Zustand ein grosszügiges Raumkontinuum entstehen zu lassen. Französische Fenster verstärken diesen fliessenden Übergang zwischen Tages- und Nachtbereich, Innen und Aussen zusätzlich. Durch diese kleinen, detailreichen Eingriffe wirken die Innenräume trotz ihrer übersichtlichen Quadratmeterzahl nicht als beengtes Studio sondern als vollwertige Wohnung. Der Aussenauftritt des Gebäudes ist geprägt durch den allseitigen Dachüberstand und die durchlaufende Holzschalung. In Kombination mit den wohl proportionierten, raumhohen Fensteröffnungen und dem umlaufenden massiven Sockel ergibt sich ein ruhiges Fassadenbild. Der ehemals vierte Trakt des Altersheims erlebte durch die Eingriffe zwischen 2021 und 2022 eine Renaissance als pavillonartiges Wohnhaus im Park.